SO MANY WAYS – MAROUS

27 Jahre, aus Rotterdam, Niederlande

So Many Ways; Vanlife; 2022; Portugal; Teneriffa; travel; lifestyle; van; camper; lebensgeschichten; life stories; Saskia Uppenkamp; Portrait; Fotograf; Fotografin; Berlin; Friedrichshain; Studio; On Location; Reportage

„Ich will nicht darauf warten, dass etwas passiert. Ich will mein Leben selbst in die Hand nehmen und es auf meine Weise gestalten.“ 

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Marous – Vila Do Bispo, Portugal
27 Jahre, aus Rotterdam, Niederlande

Im zweiten Jahr der Pandemie wäre Marous nach Schweden gezogen, um dort einen Master-Abschluss in ‚Tourismus und Nachhaltigkeit’ zu machen. Ihre Wohnung hatte sie aufgelöst und den Großteil ihres Besitzes verkauft, das bisschen, was übrig blieb, bei ihrer Familie eingelagert. Um ihr Leben vor Studienbeginn noch ein wenig zu genießen, wollte sie ein paar Wochen des Sommers im Norden Spaniens verbringen. Am Ende der Zeit holte ihr Vater sie dort mit seinem Camper ab. Er hat einen Oldtimer, einen Armeewagen von 1988. Gemeinsam fuhren sie an der französischen Küste entlang in Richtung der Niederlande, teilten Moment der Freude auf dem Roadtrip mit dem Camper. Marous hatte schon länger den Traum, selbst einen Oldtimer zu haben, dies bislang aber nicht in die Realität umgesetzt. Die Reise mit ihrem Vater war wie eine Erleuchtung für sie.

Nach ihrer Heimkehr musste sie ihren bevorstehenden Umzug nach Schweden kurzfristig aufgrund von neuen Coronabeschränkungen absagen. Internationale Studenten durften nicht einreisen und bis auf Weiteres nur online am Studium teilnehmen. So kehrte sie aus Spanien zurück, ihre Pläne für die nahe Zukunft komplett über den Haufen geworfen, kein Zuhause, keinen Job.

Eine Bekannte bot ihr an, als Freiwillige auf einem Campingplatz in den Niederlanden zu arbeiten und zu wohnen. Die Freundin besaß bereits einen Oldtimer-Van und half ihr bei der Suche nach ihrem eigenen. Es war gar nicht so einfach, einen passenden Van zu finden. Zu dem Zeitpunkt war es schon recht angesagt, einen Van zu besitzen. Einen Oldtimer zu finden, war noch schwieriger. Die beiden Freundinnen durchforstete Anzeigen im Internet, bis sie auf einen alten VW-Bus stießen. Sofort war Marous klar, dass das genau das Exemplar war, was sie wollte. Die Anzeige war allerdings schon zwei Jahre alt, so versuchte sie erst gar nicht, Kontakt aufzunehmen, ging davon aus, der Wagen sei ohnehin bereits lange verkauft. Sie begann, sich bei anderen Verkäufern umzuhören, ob jemand einen ähnlichen Van anbot. Ein Händler erzählte ihr von einer Frau, die einen solchen Wagen verkaufte wollte und schickte Marous ein Foto von genau dem Van, den sie in der alten Anzeige entdeckt hatte. Das war ihr Glücksmoment. Als Erste rief sie bei der Frau an. Die Verkäuferin hing selbst sehr an dem Gefährt, suchte nach jemandem, der den Van genauso toll fand. Marous kehrte mit dem Van auf den Campingplatz zurück und verbrachte dort den Rest des Sommers. Aus dem Van heraus begann sie ihr Onlinestudium.

Als es kälter wurde, zog sie zu einer Freundin in Rotterdam. Der Van ist für den Winter nicht geeignet. Zwei Monate versuchte sie mit dem Onlinestudium warmzuwerden, brach das Studium dann aber ab. Einer der Gründe, warum sie sich für Schweden entschieden hatte, sie wollte das Leben dort kennenlernen. Die vielen Stunden vor einem Monitor ohne Kontakt zu anderen Studenten waren nichts für sie.

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So Many Ways; Vanlife; 2022; Portugal; Teneriffa; travel; lifestyle; van; camper; lebensgeschichten; life stories; Saskia Uppenkamp; Portrait; Fotograf; Fotografin; Berlin; Friedrichshain; Studio; On Location; Reportage

„Ich fühle mich so viel leichter als noch vor ein paar Monaten, als ich in einer Wohnung in der Stadt lebte. Ich fühle mich frei, wenn ich in meinem Van lebe. Wenn ich morgens aufwache, öffne ich meine Tür, trete hinaus und bin draußen. Das ist etwas, das wirklich kraftvoll ist. Wir können in unseren Gedanken feststecken, aber auch in unseren Häusern, ohne das Haus zu verlassen, ohne jemanden oder etwas zu sehen. Wenn ich jetzt niemanden sehe, fühle ich mich trotzdem mehr verbunden als in der Zeit, in der ich noch in der Stadt lebte.“

Im zweiten Covid-Winter saß sie in der Wohnung fest, alles war geschlossen, es gab nichts zu tun, Marous fühlte sich gefangen in der Stadt, in der das Leben keinen Sinn zu machen schien. Irgendetwas in ihrem Inneren sagte ihr, dass es da draußen noch mehr geben muss. Sie hatte den tollsten Sommer gehabt, in dem sie mit ihrem Vater im Oldtimer durch Europa gereiste und in ihrem eigenen Van auf dem Campingplatz gelebt hatte. Diese Art von Leben hat einen Funken entfacht, dieses Gefühl der Freude und des Entdeckens, neue Menschen zu treffen und die Schönheit des Lebens zu sehen, das hat sie inspiriert.

In Rotterdam fing sie sich COVID ein. Während ihrer Quarantäne schenkte ihre Freundin ihr eine Zeitschrift über Menschen, die in Vans leben. Auf der Titelseite war ein Paar zu sehen, das in seinem alten VW T2 nach China reiste. Marous dachte: Wenn die nach China reisen können, kann ich auch nach Portugal oder Spanien fahren. Das war der Moment, in dem sie beschloss, ihre Sachen zu packen und den Sprung ins Ungewisse zu wagen. Einige Anpassungen nahm sie an dem alten Van vor: Solarpaneele und eine große Batterie baute sie ein, damit sie unabhängig vom Stromnetz stehen kann. Ein paar Fotos und Pflanzen, um es gemütlich zu machen, ähnlich wie in einem kleinen Haus, nur eine wirklich kleine Version davon. Dann ging es los.

Das Abenteuer unterwegs zu sein, ist eine ganz andere Erfahrung für Marous, als das letzte Jahr im Van auf einem festen Stellplatz. Der Campingplatz war eine nette Aufwärmübung, jetzt ist sie auf dem Weg ins Ungewisse, next Level sozusagen. Sie wusste nur, dass sie in den Süden fahren will. Seitdem war kein Tag mehr wie der andere. Die kleinen Entscheidungen, die sie täglich treffen muss, wo sie schlafen kann, wo sie einkaufen kann, ob sie hier sicher ist, ob sie willkommen ist, machen das Leben im Van zum einen zu einem Abenteuer, aber auch zu einer immer neuen Herausforderung für sie.

Kaffee ist eines ihrer Hobbys, Teil ihres morgendlichen Rituals. Marous hatte immer Nebenjobs, bei denen sie mit Kaffee zu tun hatte. Für sie bringt Kaffee Menschen zusammen. Sie hat auch eine Ausbildung zur Yogalehrerin gemacht, nicht mit der Absicht, Lehrerin zu werden, sondern um zu lernen. Auf dem Campingplatz bot sich ihr die Möglichkeit, Unterricht zu geben, es wurde zu einem täglichen Happening. Yoga und Kaffee kann sie mit auf ihre Reise nehmen. Viele Leute kommen auf sie zu und sprechen sie an, wenn sie ihren Van sehen. Das Mobil, Yoga und Kaffee haben ein gemeinsames Element, sie verbinden die Menschen. Marous Traum wäre es, dass überall, wohin sie reist, Menschen zu ihrem Van kommen, um mit ihr zu plaudern, Kaffee zu trinken und Yoga zu machen. Sie ist auf der Suche nach kreativen Märkten, auf denen sie mit ihrem Camper stehen kann, Kaffee und Yoga anbieten, vielleicht erst mal auf Spendenbasis, zu schauen, wie sich ihre Idee entwickelt. Leben kann sie davon noch nicht. Sie schreibt einmal monatlich Geschichten über junge Menschen mit ungewöhnlichen Lebensweisen für ein Magazin, betreut online dreimal die Woche den Kundenservice von einem Outdoor-Shop. Damit sind ihre Ausgaben gedeckt.

Vom Aufbruch, über das Unterwegssein, bis zu dem Punkt, an dem man anfängt, es richtig zu genießen, an dem der Entschleunigungsprozess beginnt, dauert es eine Weile. Man muss sich an diesen Lebensstil gewöhnen. Marous möchte weiterhin im Van leben, ohne zu viele Pläne für ihr Leben zu machen. Sie will offen für die Dinge sein, die kommen, die sie nicht planen oder vorhersagen kann, sehen, wohin es sie führt.